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Abluftreinigungsanlagen in der Schweinehaltung – Potenziale und Anforderungen

Dicke Luft beim Nachbarn vermeiden

Der Betrieb von Abluftreinigungsanlagen in der Tierhaltung führt zu deutlich höheren Investitionsund Betriebskosten sowie zusätzlichem Personalaufwand. Bei schwierigen Standorten lässt sich aber oft nur durch den Einsatz einer Abluftreinigungsanlage die Umweltverträglichkeit von Vorhaben auch mit höherer Tierplatzkapazität nachweisen. Allerdings: Werden Abluftreinigungsanlagen nicht ordnungsgemäß betrieben, können damit deutliche Umweltbelastungen einhergehen.

Abluftreinigungsanlagen in der Tierhaltung dienen der Minderung der Emissionen von Gerüchen, Ammoniak, Stäuben und Bioaerosolen. Das Haupteinsatzgebiet sind zwangsbelüftete Ställe der Schweine- und Geflügelhaltung. Für die überwiegend frei belüfteten Ställe der Rinderhaltung kommen sie nicht zur Anwendung.

Abluftreinigungsanlagen sind (nicht) verpflichtend

Der Einsatz von Abluftreinigungsanlagen in der Schweinehaltung ist seit Jahren erprobt. Die Anlagen haben inzwischen einen hohen technischen Standard und Zuverlässigkeit erreicht. So hat sich für die Schweinehaltung im Zuge der Zertifizierungsverfahren nach dem Cloppenburger Leitfaden und später nach dem DLGPrüfrahmen ein „Stand der Technik der Abluftreinigungstechnik“ etabliert. Dieser Begriff ist vom „Stand der Technik der Schweinehaltung“ zu unterscheiden. Gegenwärtig gehören Abluftreinigungsanlagen in der Mehrzahl der Bundesländer nicht zum Stand der Technik in der Schweinehaltung. Vorstöße in den Bundesländern z. B. Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Thüringen, die Abluftreinigung als Stand der Technik in der Schweinhaltung zu etablieren, werden kontrovers diskutiert und sind in Einzelfällen Gegenstand gerichtlicher Verfahren.

Nur geprüfte Anlagen sind zulässig

Solange die Abluftreinigung nicht zum Stand der Technik der Schweinehaltung gehört, muss sie nicht als Mittel der Vorsorge eingesetzt werden. Wird aber eine Abluftreinigungsanlage zum Zweck der Emissionsminderung eingebaut, muss im konkreten Einzelfall nachgewiesen werden, dass die Abluftreinigungsanlage dem Stand der Technik entspricht. Der Nachweis gelingt in jedem Fall dann, wenn eine nach dem DLG-Prüfrahmen zertifizierte Anlage eingebaut wird oder wenn über ein Sachverständigengutachten ein prüffähiger Nachweis der gleichwertigen Eignung erbracht wird. Die Eignung und die Wirksamkeit bzw. Abscheideleistung einer Abluftreinigungsanlage ist vom Anlagenbetreiber bereits im Genehmigungsverfahren nachzuweisen. Für verschiedene Hersteller und Anlagensysteme wurden Eignungsprüfungen durch die DGL e. V.1 und durch den Landkreis Cloppenburg durchgeführt2. Die im Rahmen dieser Eignungsprüfungen nachgewiesenen Abscheidegrade gelten bundesweit.

Schwierige Standorte mit einer Abluftreinigungsanlage genehmigungsfähig gestalten

Für Tierhalter bietet eine Abluftreinigungsanlage vor allem die Möglichkeit, Projekte an schwierigen Standorten genehmigungsfähig zu gestalten. An Standorten mit stickstoffempfindlicher Vegetation und Gewässern ist eine Abluftreinigungsanlage ein gutes Instrument, um Standortnachteile auszugleichen. Das betrifft insbesondere Anlagenstandorte in der Nähe von FFH-Gebieten sowie geschützten Biotopen oder Standorte mit einer hohen Vorbelastung, beispielsweise durch weitere Tierhaltungsanlagen im Umfeld.

Ebenso ist eine Abluftreinigungsanlage ein sehr wirksames Mittel um die erforderlichen Abstände zu sensiblen Wohnnutzungen zu reduzieren. Durch den Einbau und Nutzung von Abluftreinigungsanlagen können auch Standortauslagerungen vermieden werden. Damit kann ein wichtiger Beitrag zum Schutz der Landschaft vor weitergehender Zersiedlung geleistet werden. Weitere Vorteile ergeben sich durch Kosteneinsparungen in der Erschließung neuer oder der Erweiterung bestehender Standorte. Hierbei können u. a. Ausgleichkosten für eine nachteilige Beeinträchtigung von Schutzgütern3 reduziert werden. Nicht zuletzt kann die Abluftreinigung auch zu einer Verbesserung der Akzeptanz von Tierhaltungsvorhaben in der öffentlichen Wahrnehmung führen.

Die Abbildung 1 zeigt die Geruchsimmissionen und die Ammoniakimmissionen im Umfeld eines Schweinestallgebäudes mit 2000 Schweinemastplätzen ohne Abluftreinigung. Die Abbildung 2 zeigt vergleichend eine Situation mit 70 prozentiger Ammoniak- und Geruchsstoffabscheidung.

Bauweisen/Funktionsprinzipien

Allen Abluftreinigungsanlagen ist gemein, dass die mit Staub, Ammoniak und Geruchstoffen belastete Stallabluft über Ventilationen (Zwangslüftung) der Abluftreinigungsanlage zugeführt wird. Innerhalb der Abluftreinigungsanlage finden Wasch- und/oder Geruchsumwandlungsprozesse statt. Die Reinigung der Abluft erfolgt dabei auf chemischen oder biologischen Wege oder auch in mehrstufigen kombinierten biologischen und chemischen Verfahren. In der einstreulosen Schweinehaltung werden überwiegend Biofilter, Abluftwäscher bzw. Kombinationsverfahren eingesetzt. Ein rein chemischer Wäscher ist vor allem zur Minderung von Ammoniak und Staub geeignet. Biofilter und Rieselbettreaktoren sind gut zur Reduktion von Staub- und Geruchemissionen einsetzbar, jedoch nur im begrenzten Umfang zur Minderung von Ammoniakemissionen. Daher werden entsprechend den standortspezifischen Anforderungen auch mehrstufige Verfahren (chemische und/oder biologische Wäscher) in der Abluftreinigung verwendet. die Ammoniak, Staub und Geruchstoffe gleichermaßen mindern.

Bei den chemischen Wäschern bzw. den chemischen Waschstufen von Kombinationsabluftreinigungsanlagen erfolgt die Ammoniakabscheidung durch die Zugabe von Schwefelsäure im Waschwasser. Das sehr gut wasserlösliche Ammoniak und die Staubpartikel in der Abluft werden im Waschwasser gebunden. Ammoniak reagiert in der flüssigen Phase auf chemischem Wege zu Ammoniumsulfat. Dieses muss regelmäßig und zuverlässig abgeschlämmt werden. Daher ist die Kontrolle der Säuredosierung zur Einhaltung der erforderlichen pH-Werte sowie der Abschlämmung zur Vermeidung von Verstopfungen notwendig. üblicherweise beschränkt sich die überwachung der Anlage auf regelmäßige Kontrollgänge und die überprüfung der Betriebsdaten. Ein chemischer Wäscher erfordert beim Betrieb sehr niedrige pH-Werte (üblicherweise kleiner pH 3) im Waschwasser. Dies erfordert besondere Kenntnisse und Sorgfalt beim Umgang mit Säuren. Ebenso müssen alle im Kontakt mit der Säure stehenden Materialien eine ausreichende Säurebeständigkeit aufweisen.

Bei den biologischen Verfahren findet der Waschvorgang auf sehr großen und feucht gehaltenen Austauschflächen (Füllkörpern oder Biofiltermaterial) statt und die unerwünschten Inhaltstoffe werden der Stallabluft entzogen. über Sensoren wird das Waschwasser auf die vom Hersteller vorgegebenen Betriebsparameter hin überwacht. Bei Abweichungen vom Normzustand steuern automatische Regelungseinrichtungen dem entgegen. Gegenüber einem chemischen Wäscher ist mit einem 5- bis 10fach höheren Waschwasseranfall zu rechnen.

Da reine Biofilter keine ausreichenden Abscheideleistungen für Ammoniak aufweisen, wird in diesem Beitrag nicht näher auf den Betrieb solcher Abluftreinigungsanlagen eingegangen.

Biologische Abluftreinigungsanlagen mit Rieselbettreaktoren stellen besondere Anforderungen an den Betrieb und die Wartung. Gegenüber einem chemischen Wäscher ist eine ausreichende Einlaufphase zur Bildung und Vermehrung der Mikroorganismen notwendig. Um die Abscheideleistungen stetig zur gewährleisten, müssen die vorgegebenen teils engen Betriebsparameter und damit die Lebensbedingungen der Mikroorganismen genauestens eingehalten werden.

Hierzu zählen vor allem:

  • Einhaltung stabiler pH-Werte im Waschwasser,
  • gleichmäßige Berieselung der Filterwände,
  • Entfernung der abgeschiedenen Stoffe aus dem System (Abschlämmung) und
  • ggf. regelmäßiges Austauschen von Wurzelholz (bei mehrstufigen Anlagen mit zusätzlichem Wurzelholzbiofilter).

Andernfalls kommt es zum Absterben der ammoniakumwandelnden bzw. der geruchsstoffreduzierenden Bakterien. Die zertifizierten Abscheidegrade sind somit nicht mehr erzielbar. Der Betrieb einer biologischen Abluftreinigungsanlage außerhalb der von Hersteller angegeben Parameter resultiert in einer hohen Schwankungsbreite der Abscheideleistungen (vgl. Abbildung 3). Aus diesen Gründen sind kurzfristige und intensive Wartungsarbeiten, anstelle von langfristigen und stetigen, an einer biologischen Abluftreinigungsanlage zur Erlangung ihrer vollen Funktionsfähigkeit nicht zielführend.

Erfahrungen im Betrieb von biologischen Abluftreinigungsanlagen oder Kombinationsabluftreinigungsanlagen mit Biofilterwänden zeigen, dass die Einhaltung der vorgegebenen Betriebsparameter nur mit entsprechenden Aufwand möglich ist. Hierzu zählen ein sehr hoher zeitlicher Aufwand für die Durchführung von Wartungsarbeiten sowie tägliche Kontrollen, der Aufbau entsprechender Erfahrungen durch eigene Mitarbeiter im Betrieb der Anlage sowie die Unterstützung durch externe Sachverständige. Dennoch, eine biologisch- chemische Abluftwäsche ist beherrschbar. Anlagenbetreiber sollten sich darüber im Klaren sein, dass nur mit vorhandenem Erfahrungswissen Havarien rechtzeitig erkannt werden und der richtige Zeitpunkt für Wartungsarbeiten gewählt werden kann. Entscheidend ist eine effiziente betriebliche Eigenüberwachung.

Chemisch oder biologisch?

Chemische Abluftreinigungsanlagen bieten vor allem hohe Abscheideleistungen für Ammoniak, verbunden mit einer hohen Betriebssicherheit. Diese Vorteile werden vor allem durch höhere Investitionskosten und langfristige Betriebskosten erkauft. Der Vorteil einer biologischen Abluftreinigungsanlage mit Rieselbettreaktor liegt, im Vergleich zu einer chemischen Abluftreinigungsanlage, in den deutlich geringeren Investitionskosten und langfristig geringeren Betriebskosten. Gleichwohl muss der Betreiber ein hohes Interesse haben, Erfahrungswerte im Umgang mit der eigenen biologischen Abluftreinigungsanlage aufzubauen, um diese Vorteile entsprechend zu nutzen. Auch wenn dies anfänglich zu höheren Kosten, vor allem Personalkosten, führt.

Abnahmemessung und Überwachung

Der ordnungsgemäße Betrieb einer Abluftreinigungsanlage ist durch Bauabnahme, Abnahme- und Wiederholungsmessungen sowie durch eine regelmäßige Überwachung sicherzustellen. Die im Genehmigungsbescheid vorgeschriebene Abnahmemessung (vgl. Abb. 3) soll innerhalb eines Jahres nach Inbetriebnahme erfolgen. Hierbei wird die Abscheideleistung (Wirkungsgrad) beim minimalen Volumenstrom im Winter und beim maximalen Volumenstrom im Sommer durch eine zertifizierte Messstelle überprüft.

Sofern im Genehmigungsbescheid vorgeschrieben, sind Wiederholungsmessen alle 3 Jahre notwendig. Im Rahmen der Anlagenüberwachung können auch die elektronischen Betriebstagebücher der Abluftreinigungsanlage durch die Genehmigungsbehörden eingesehen werden.

Abluftreinigungsanlagen bald verpflichtend?

Das Bundesumweltministerium beabsichtigt in der geplanten Novelle der TA Luft u. a. eine Erhöhung der Anforderungen der Regelungen für zwangsbelüftete Ställe, welche erhebliche Auswirkungen auf die Schweinehaltung haben könnte. Auch der verpflichtende Einsatz von Abluftreinigungsanlagen für Schweinemastställe mit mehr als 2.000 Plätzen, Zuchtsauenställe mit mehr als 750 Plätzen sowie Anlagen zur Ferkelaufzucht mit über 6.000 Plätzen wird diskutiert. Ob sich dagegen Auffassungen durchsetzen, die auf eine europaweite Regelung abzielen ist derzeit unklar. In jedem Fall zeigen die Entwicklungen, dass Anlagenbetreiber von nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BIm- SchG) genehmigungspflichtigen Schweinehaltungsanlagen gut beraten sind, die Option von Abluftreinigungsanlagen in den Planungsprozess für künftige Projekte oder die Betriebsstandortsicherung einzubeziehen.

Kontakt:
SFI- Sachverständige für Immissionsschutz GmbH
Telefon: 030 22505471-0
E-Mail: post@sfimm.de

Messung der Ammoniakkonzentration am Biofilter (2. Stufe) einer 2-stufigen Abluftreinigungsanlage

1 Die DGL e. V. (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) ist für den Bereich Land- und Forstwirtschaft eine nach DIN EN ISO 17025:2005 akkreditiere Prüfstelle.

2 Eine übersicht über zertifizierte Abluftreinigungsanlagen kann unter: http://www.lkclp.de/bauen-umwelt/bauen-planen/abluftreinigungsanlagen-z.... eingesehen werden.

3 Schutzgüter im Sinne des §1 BImSchG sind: Menschen, Tiere und Pflanzen, der Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter